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Rügener Vergeltung: Kommissarin Burmeisters vierter Fall. Insel-KrimiOverlay E-Book Reader

Rügener Vergeltung: Kommissarin Burmeisters vierter Fall. Insel-Krimi

Sylvia Voigt

E-Book (EPUB)
2019 Schardt Verlag
360 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-96152-224-8

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Hauptkommissarin Jessica Burmeister sucht das Weite: Sie packt ihre Koffer und verlässt ihr geliebtes Rügen, um sich im Erzgebirge in vorweihnachtliche Stimmung zu bringen. Sie besucht Freiberg und quartiert sich im verschneiten Seiffen ein. Doch kaum hat sie Tuchfühlung zur winterlichen Idylle aufgenommen, wird sie von Staatsanwalt Vogel ins völlig unterbesetzte Kommissariat zurückgepfiffen. Kein Schnee, sondern ein ungewöhnlicher Fall wartet auf Burmeister: Am Fuße des Leuchtturms von Sassnitz wurde ein enthaupteter junger Mann gefunden.
Frustriert macht sich Burmeister nun als Einzelkämpferin an die Ermittlungen. Als eine weitere Leiche auftaucht, ist schnell klar, dass sie es mit einer Serie zu tun hat. Irgendjemand auf der Insel übt Vergeltung – und alles deutet darauf hin, dass es ein weiteres Opfer geben wird. Für die Kommissarin beginnt ein Wettlauf, den sie unbedingt noch im alten Jahr gewinnen will.


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EINS

 

Ich habe Urlaub eingereicht und genehmigt bekommen. Und Andy "Bolle" Bollermann, mein junger Kollege aus Sachsen, hat mich überredet, den Rest der Vorweihnachtszeit in besagtem Freistaat zu verleben. Es war nicht schwer, mich zu überzeugen. Denn mein Sohn Sebastian ist tatsächlich für ein Jahr nach Skandinavien ausgewandert. Auch wenn es bei Weitem kein Kinderspiel war, alle Kriterien für den einjährigen Aufenthalt zu erfüllen. Gemeinsam mit seiner veganen und allzu dürren Freundin ist er vor drei Wochen in den Flieger nach Bergen gestiegen. Franziska, die ich Schneewittchen nenne, hat sich seitdem immerhin zweimal bei mir gemeldet. Es gehe ihnen gut, und alles wäre schön, lautete ihr kurzer Kommentar. Wohingegen mein Sohn nicht bereit war, mit mir zu reden. Dies lässt in mir eine dunkle und sehr böse Ahnung aufsteigen. Und obwohl ich nun schon unzählige Therapiestunden bei Herrn Gunthau hinter mir habe, gelingt es mir nicht, den Teufelskreis immer wiederkehrender und zermürbender Gedanken zu durchbrechen. Mit ungeahnter Intensität steigt urplötzlich mächtiges Mitleid in mir auf. Mitleid mit allen Psychotherapeuten dieser Welt. Wahrscheinlich gelingt es nur wenigen, ihre Patienten dauerhaft auf die richtige Bahn zu lenken und zu leiten und dort zu halten. Immerhin hat Herr Gunthau erreicht, dass ich mir um meine eigenen Wehwehchen keinerlei Gedanken mehr mache. Es ist mir völlig egal, ob und wo und wie lange es irgendwo zwickt oder zwackt. Ich habe gelernt, dass es irgendwann wieder vorbeigeht. Und dass man seinem Körper Zeit, mitunter viel Zeit geben muss. Es war von bis zu zwei Jahren die Rede. Schon bei dem Wort Vorsorge muss ich heute lächeln. Bedeutete es für mich vor wenigen Monaten noch das blanke Überleben, halte ich es nun für reine Abzocke und außerdem für eine geradezu offensichtlich blöde Wortschöpfung. Man soll sich sorgen, bevor man eine Krankheit hat. VOR-SORGE. Wie dämlich ist das denn? Und mal angenommen, ich gehe heute zum Hautcheck, wer garantiert mir, dass ich nicht zwei Wochen später mitten unter meiner stolzen Haarpracht keinen Krebs wuchern habe? An einer Stelle also, die sowieso von der Untersuchung außen vor bleibt.

Mit einem tiefen Seufzer lehne ich mich zurück. Das Fahren in meinem neuen Skoda, den ich auf den Namen Jakub getauft habe, ist mehr als angenehm. Ich fühle mich als stolzer Kapitän eines sacht dahingleitenden riesengroßen Flaggschiffes. Nebenbei höre ich amerikanische Weihnachtslieder. "Santa Claus is coming to toooooown", krächzt es mir entgegen. Obwohl die amerikanischen Lieder bei Weitem nicht so viel Sentimentalität verströmen wie die deutschen, verfalle ich plötzlich in Melancholie.

Schluchzend folge ich Bolle in seinem Wagen, der mir zuliebe nur mit 120 Stundenkilometern seiner Heimat entgegenfährt. Seit wir mein geliebtes Mecklenburg-Vorpommern verlassen haben und uns auf die Berliner Region zubewegen, wächst meine Nervosität. Der schlagartig aufkommende Verkehr hat mich fast in Stase versetzt. Ich merke, wie verspannt ich bin, und registriere Nacken-, Schulter und Rückenschmerzen. Da hilft auch der beste und komfortabelste Straßenkreuzer nicht. Mit vor Schreck geweiteten Augen starre ich auf die unendlich lange Schlange von Lkw rechts vor mir. Links von mir rasen die Mutigen oder Lebensmüden mit geradezu irrem Tempo vorbei. Ein Verkehrsschild kündigt eine in sechs Kilometern befindliche Baustelle an, und mein ohnehin knapp bemessener Mut geht rapide den Bach runter. Die angestaute Angst muss raus. Ich fluche laut, kräftig und deftig und beschimpfe alle neben und vor mir Fahrenden. Als dann kurz vor Bolle ein Laster völlig idiotisch ausschert, um den Kollegen vor sich zu überholen, verspüre ich den irren Drang, mit meiner Waffe auf seine Reifen zu schießen. Schade nur, dass es eine Bestimmung gibt, wonach man seine Waffe nicht mit in den Urlaub nehmen darf. "Du bescheuertes Riesenarschloch", keife ich in meinem Jakub, währ