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Alligatoren

Roman | Deb Spera

E-Book (EPUB)
2018 Harpercollins
Auflage: 1. Auflage
432 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-95967-788-2

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Seit Stunden belauern sie sich gegenseitig: das Alligatorweibchen, das seine Jungen beschützen muss, und Gertrude, deren vier Töchter seit Tagen nichts gegessen haben. Ein Schuss fällt, doch er trifft nicht das Reptil - es gibt Schlimmeres als den Hunger.
Auch Annie, die Plantagenbesitzerin, hat einen größeren Feind, als sie wahrhaben möchte. Ihren jüngsten Sohn kostete das bereits das Leben.
Doch als Oretta, Annies schwarze Haushälterin und in erster Generation von der Sklaverei befreit, Gertrudes kranke neunjährige Tochter bei sich aufnimmt, finden diese drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können, zusammen. Denn sie alle haben eins gemeinsam: die unstillbare Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung.
'Ein beeindruckender Text, der seinesgleichen sucht.' Fuldaer Zeitung
'Gerade durch Deb Speras unsentimentalen Ton ist mir die Geschichte richtig unter die Haut gekrochen. Zugegeben: keine Feel-Good-Geschichte, aber dafür umso stärker eine Feel-Strong-Geschichte!' Annalena Lüder / emotionDE
'In stimmungsvollen Tableaus werden große Themen wie Sklaverei, Feminismus, Wirtschaftskrise abgearbeitet, garniert mit Gewalt, Gefühl und Perversion.' Die Presse
'Spera kreiert mit Worten Bilder, klar, farbig und mit einer Sogwirkung, der man sich nicht entziehen kann.' buchzeiten
'Atmosphärisch dicht mit vielen Details lässt Deb Spera das damalige Leben lebendig werden.' Belletristik-couch.de
'Mit diesem Roman ist Spera ein interessanter und spannender Einblick in die Lebenswelt dreier unterschiedlicher Frauen in den Südstaaten der 1920er gelungen.' Buchprofile/medienprofile



Deb Spera wuchs in Louisville, Kentucky, auf, als Tochter von selbst noch sehr jungen Eltern. Heute lebt sie mit ihrem Mann und zwei ihrer drei Kinder in Los Angeles. Ihr gehört das TV-Produktionsunternehmen One-Two Punch Productions, das u.a. Serien wie Criminal Minds, Army Wives, Reaper - Ein teuflischer Job, Finding Carter und Aim High - Hohe Ziele stecken produziert. Deb Spera war Finalistin des Montana Literaturpreises und zweimalige Finalistin des Kirkwood Literaturpreises. Ihre Arbeiten wurden in der Online-Zeitschrift Sixfold für Kurzgeschichten und Lyrik, in Garden & Gun, in der Wascana Review und im L.A.Yoga Journal veröffentlicht. Sie ist Co-Autorin des Theaterstücks 'On the Road to Kitty Hawk', das vom Actors Theater Of Louisville aufgeführt wurde. Alligatoren ist ihr erster Roman.

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Mrs. Gertrude Pardee

Einen Menschen töten ist leichter als einen Alligator töten, aber Geduld brauchst du für beides. Du musst den schwächsten Punkt finden und in den Hinterkopf schießen. Die Alligatormama, die ich beobachte, beobachtet mich auch. Sie wittert den letzten Rest von meinem Monatsblut, deshalb liegt sie halb im Wasser und halb auf dem schmalen trockenen Damm, unserem Fußweg durch den Sumpf, der dann raus auf die Hauptstraße geht. Ich lehne an einer alten Zypresse. Wir sind ein komisches Paar. Mir ist schlecht vor Schmerzen. Nach der stundenlangen Warterei bin ich ganz steif, aber das ist egal. Alles ist egal. Wichtig ist bloß dieser Damm, der sich wie ein Seil zwischen uns erstreckt. Das fette alte Biest liegt mit dem Rücken zu dem Nest, das meine kleine Alma vor ein paar Stunden entdeckt hat. Eine Drei-Meter-Mama, die uns den ganzen Herbst durch satt machen würde. Hab zwei Patronen in der Flinte, aber nur eine Chance für den tödlichen Schuss.

Als wir nach Reevesville gekommen sind, hab ich noch gehofft, ich würde Alvin zur Vernunft bringen, aber es sieht eher so aus, dass er mich verrückt macht. Seit fast einem Jahr, seit der Baumwollkäfer unsere Ernte gefressen hat, säuft er nur noch. Wir haben alles, was wir hatten, in Branchville zurückgelassen, auch zwei von unseren vier Töchtern, und sind hierhergekommen, weil er in dem Sägewerk von seinem Dad arbeiten sollte. Ich hab gehofft, mit regelmäßiger Arbeit und was zu essen in unseren Bäuchen würde er sich wieder einkriegen, aber nichts da. Vielleicht kriegt er sich nie wieder ein. Zuerst hat er das Sägewerk gestern schon um eins geschlossen und ist erst spät nachts nach Hause gekommen. Dann hat er den Brief von meinem Bruder Berns gefunden. Darin stand was von Arbeit für mich drüben in Branchville. Er kann Berns nicht ausstehen, weil der sich um Sachen kümmert, um die er sich nicht kümmern kann. Er hat mich verdroschen und mir gedroht, ich soll mich ja nicht vom Fleck rühren. Er ist noch immer wütend, weil ich das letzte Mal zu Berns gegangen bin und ihn um Hilfe gebeten hab. Jetzt ist mein Auge zugeschwollen, ich kann nicht mehr gucken damit, und der einzige Brief, den ich seit einem Monat gekriegt hab, mit Neuigkeiten über meine beiden Mädchen, ist verbrannt und futsch.

Alvin hat den ganzen Vormittag im Bett gelegen, bis sein Daddy vom Sägewerk rübergekommen ist und einen Aufstand gemacht hat. Jetzt ist er ganz verkatert zur Arbeit, und wir haben nichts außer unsere knurrenden Mägen. Ich hab mich hier halb tot geschuftet, und es hat nichts genützt. Ich bin eine Hausfrau ohne Haus.

Der Daddy von Alvin gibt mir die Schuld. Er sagt's nicht, aber ich merk's ihm an. Er guckt mich nicht mal an, wenn Alvin säuft, und er säuft ständig. Mein Körper ist das Schlachtfeld, auf dem sich die Krankheit von meinem Mann austobt. Mehr wie einmal hab ich gehört, dass der Daddy von Alvin zu ihm gesagt hat, es wär besser gewesen, er hätte einen Sohn gekriegt, dann hätte er wen, der ihm helfen könnte. Wenn ich mir Alvin so angucke, versteh ich nicht, was sein Daddy ihm da sagt. Und jetzt tönt Alvin rum, wenn wir einen Jungen gekriegt hätten, hätten wir das bisschen retten können, was wir in Branchville gehabt haben. Er sagt, es wär meine Schuld, dass er immer so wütend ist.

Wir haben vier Mädchen, und zwei kommen allmählich in das Alter, wo sie heiraten könnten. Das könnte was Gutes sein, aber ich weiß nicht, wer sie nehmen soll - sie haben keine Mitgift. Ich mach mir jetzt schon Sorgen, was da auf uns zukommt. Edna, meine Älteste, ist jetzt fünfzehn, und sie redet mit jedem, der ihr über den Weg läuft, ohne sich was dabei zu denken. Sie wird mal mächtig Scherereien kriegen. Meine zweite Tochter, Lily, ist dreizehn und hält sich für wunders wie mutig, ist sie aber nicht. Die kann auf dem ganzen Weg nach Hause hinter dir herlaufen und auf dich einschimpfen, aber wenn's dann dunkel wird, kriegt sie's mit der Angst und ist