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Trophäe

Roman | Gaea Schoeters

E-Book (EPUB)
2024 Paul Zsolnay Verlag; Querido
Auflage: 1. Auflage
280 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-552-07408-8

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Gaea Schoeters' Roman ist ein 'ethischer Mindfuck' (Dimitri Verhulst) - provokant, radikal und eine erzählerische Ausnahmeerscheinung. Am Ende bleibt die Frage: Was ist ein Menschenleben wert?
Gaea Schoeters? preisgekrönter Roman ist von einer außerordentlichen erzählerischen Wucht. Die Tiefenschärfe, mit der sie die Geräusche und Gerüche der Natur beschreibt, lässt einen sinnlich erleben, was einen moralisch an die Grenzen zwischen Richtig und Falsch führt.
Hunter, steinreich, Amerikaner und begeisterter Jäger, hatte schon fast alles vor dem Lauf. Endlich bietet ihm sein Freund Van Heeren ein Nashorn zum Abschuss an. Hunter reist nach Afrika, doch sein Projekt, die Big Five vollzumachen, wird jäh von Wilderern durchkreuzt. Hunter sinnt auf Rache, als ihn Van Heeren fragt, ob er schon einmal von den Big Six gehört habe. Zunächst ist Hunter geschockt, aber als er die jungen Afrikaner beim flinken Jagen beobachtet ... Ein Roman von radikaler Konsequenz.

Gaea Schoeters, geboren 1976, ist eine flämische Autorin, Journalistin, Librettistin und Drehbuchautorin. 2012 hat sie den Großen Preis Jan Wauters für ihren kreativen Umgang mit Sprache gewonnen. Für Trophäe wurde sie mit dem Literaturpreis Sabam for Culture ausgezeichnet. Der Roman wurde von der niederländischen Presse sehr positiv besprochen.

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Eins

Der Jäger
Zwei Monate zuvor

Der Knall des Schusses zerreißt die morgendliche Stille. Obwohl er alle Muskeln seines Körpers angespannt hat, bringt der Rückschlag des schweren Jagdgewehrs Hunter aus dem Gleichgewicht; die Kraft der Waffe schleudert seinen linken Fuß fast einen halben Meter in die Luft. Van Heeren, der neben ihm steht, lacht.

»Die überraschen einen immer wieder, oder? Nasty Fuckers, diese alten Doppelbüchsen. Aber ein klasse Schuss.«

Zusammen mit Hunter geht er zum anderen Ende des Schießstandes. Hunter stellt zu seiner Zufriedenheit fest, dass er das Ziel tatsächlich perfekt getroffen hat. Genau ins Schwarze, wo jetzt ein schmales Einschussloch sichtbar ist, kaum breiter als sein kleiner Finger; aber die Wucht der Kugel hat den dahinterliegenden Sandsack komplett aufgerissen - aus allen Seiten rieselt roter Sand. Für diese Durchschlagskraft nimmt er die Prellungen an der Schulter gerne in Kauf, das kann bald den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen. Des Jägers, nicht der Beute. Dass heutzutage so viele Jäger kleinere Kaliber bevorzugen, hat er nie verstanden, er würde sich mit einer leichteren Waffe im Busch nicht sicher fühlen. Leichtere Munition erfordert einen perfekt platzierten Schuss, und auf schwierigem Terrain hat ein Jäger nicht den Luxus, den richtigen Winkel zu wählen - wenn unerwartet ein wildes Tier angreift, kann man froh sein, wenn man es überhaupt trifft. Außerdem tötet eine leichte Waffe die Beute zwar, aber stoppt sie nicht sofort, und Hunter will nicht von einem »toten« Tier zertrampelt werden, das noch ein paar Meter weiterrennt, bis es zusammenbricht. Deshalb zählt er bei der Großwildjagd auf seine alte Doppelbüchse.577 Nitro Express - das gleiche Gewehr, mit dem Hemingway damals hier in Afrika ein Nashorn und ein paar Löwen geschossen hat - und nicht auf ein leichteres, moderneres Modell. Aber das hat er heute Morgen nicht erzählt, als er beim Ausklarieren seiner Waffe ein Schwätzchen mit den Flughafenpolizisten hielt. Auf die Frage, warum er mit einem so schweren Kaliber jage, hat er einfach geantwortet, das Gewehr habe seinem Großvater gehört, was stimmt, und dann noch etwas über Männlichkeit hinzugefügt, was mit beifälligem Gelächter goutiert wurde. Schlafende Hunde soll man nicht wecken, vor allem nicht in einem Land wie diesem, wo die Anzahl der Schulterstreifen an der Uniform den Grad der Korruption kennzeichnet. Je weniger Menschen von seinen wirklichen Absichten wissen, desto besser. Liebevoll klappt er seine Doppelbüchse auf und hängt sie sich gebrochen über den Arm. Van Heeren klopft ihm freundschaftlich auf die Schulter.

»Meiner Meinung nach hast du dir einen Drink verdient.«

Vom allgegenwärtigen Zirpen der Grillen begleitet gehen sie zusammen an den niedrigen Bungalows vorbei zur Lodge. Hunter holt ein paarmal tief Luft; trotz des Nachtflugs und der drückenden Hitze fühlt sich sein Körper frisch und fit an. Bereit für die Jagd. Sein Verstand ist entspannt und ruhig, aber aufmerksamer als zu Hause, seine Ohren sind gespitzt, er registriert die unbekannten Gerüche, nimmt den vagen Metallgeschmack in der Luft wahr. Ist da ein Gewitter im Anmarsch? Neben seinem Bungalow bleibt er stehen.

»Ich komme gleich. Muss erst noch den Kollegen hier wegpacken und ein frisches Hemd anziehen.«

Hunter schiebt das Fenster hoch, legt seine Waffe in den offenen Gewehrkoffer auf dem Bett, zieht das verschwitzte Hemd aus und hängt es über die Stuhllehne. Wider besseres Wissen setzt er sich auf den Bettrand. Sofort schlägt der Jetlag gnadenlos zu: Sein Körper will sich unbedingt hinlegen und die verpasste Nacht nachholen. Sich aufs Ohr hauen, nur ganz kurz, das ist doch in Ordnung, oder? Doch sobald er sich auf dem Bett ausstreckt, merkt er, dass er eine Dummheit begeht - wenn er jetzt die Augen schließt, ist er ve