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Aufruhr in mittleren JahrenOverlay E-Book Reader

Aufruhr in mittleren Jahren

Roman | Nina Lykke

E-Book (EPUB)
2018 Verlag Nagel & Kimche Ag
Auflage: 1. Auflage
272 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-312-01071-4

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Ingrid und Jan sind seit 25 Jahren verheiratet und führen in Oslo, Norwegen, ein Leben in Wohlstand. Doch Ingrid kann nicht mehr - sie sieht alles schwarz. Die freudlose Ehe frustriert sie, das Engagement am Arbeitsplatz ist nur geheuchelt, und von den halbwüchsigen Söhnen ist kein Trost zu erwarten. Während Ingrid eine Therapie beginnt, schlittert Jan in eine Affäre mit seiner jungen Kollegin Hanne. Das dauert ein Jahr, dann zwingt Hanne den zaudernden Jan, Ingrid zu verlassen. Diese reagiert gelassen, zieht kurzerhand mit einer Matratze in ihr Auto und fühlt zum ersten Mal seit langem eine tiefe Zufriedenheit. Mitreißend und voll schwarzem Humor erzählt Nina Lykke vom Drama einer Familie - mit fast versöhnlichem Ausgang.

Nina Lykke wurde 1965 geboren. Ihr Debüt Orgien, og andre fortellinger (2010) war für den norwegischen Jugendkritikerpreis nominiert. Ihren Durchbruch hatte Lykke mit ihrem Roman Aufruhr in mittleren Jahren (2016), der in Norwegen eines der am meisten besprochenen Bücher des Jahres war, den norwegischen Jugendkritikerpreis gewann und in Norwegens größtem Bücherklub zum Buch des Monats gekürt wurde.

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet



Wenn Hanne bei Paaren zu Besuch war, fand sie es jedes Mal unbegreiflich, wie diese Menschen tagaus, tagein weitermachen konnten. Wie lief man in derselben Wohnung herum, um sich dann in dasselbe Bett zu legen und im selben Raum mit derselben Person zu schlafen, und das Woche für Woche? Hanne war entsetzt über die Alltäglichkeit und das ganze Grau. Sie ging ins Badezimmer und ließ sich überwältigen vom Uringestank um die Toilette, vom Anblick der Salbe gegen Scheidenpilz in dem kleinen Schränkchen, das sie immer öffnete von dem Drang getrieben, den Code zu knacken.

Hanne war die Einzige in ihrem Freundeskreis, die nicht verheiratet war oder in einer festen Beziehung lebte. Sie war vierunddreißig und arbeitete als Referentin in einem Ministerium, und am Kühlschrank ihrer kleinen Wohnung in der Tøyengata hingen Hochzeitsfotos und Einladungen zu Einweihungspartys, Junggesellinnenabschieden und Hochzeiten. Aber nicht zu Tauffeiern oder Namensweihen, denn zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Mauer um die Familien bereits geschlossen, und sie befanden sich an einem Ort, zu dem Hanne keinen Zugang mehr hatte. Überhaupt lag über diesem rings um sie keimenden und wachsenden Familienleben etwas Geheimnisvolles - etwas Rätselhaftes, als ob alle in Reih und Glied in einen Hangar marschierten, wo sie einen geheimnisvollen Prozess durchliefen, ähnlich dem beim Militär, wo man angeblich erst gebrochen wird, um dann wieder aufgebaut zu werden. Zu Eheleuten und jungen Eltern umgebildet, kamen sie aus dem Hangar heraus. Hanne hatte gesehen, wie die Leute sich, einer nach dem anderen, in solche Klone verwandelten. Aber was ging im Hangar selbst vor sich? Urin und Pilz. Sie schloss das Schränkchen, betätigte die Toilettenspülung und ging wieder zu den anderen. Alles reduzierte sich auf Urin und Pilz. Und dennoch wollte auch sie nichts lieber, als in den Hangar zu marschieren. Das war der nächste Programmpunkt, und auch wenn das Kinderkriegen an sich nicht verlockend wirkte, wollte sie sich die existentielle Erfahrung nicht entgehen lassen, die das Sichfortpflanzen allem Anschein nach war, obwohl es sich um einen Vorgang handelte, den alle Lebewesen blind vollziehen konnten.

Was sollte sie auch sonst tun, was blieb ihr anderes übrig? In den Clubs der Stadt war eine neue Generation aufgetaucht. Die war genauso jung und frech wie Hanne und ihre Freunde vor zehn, zwölf Jahren, und mit genauso großer Selbstverständlichkeit herrschte sie jetzt über das Osloer Nachtleben. Hanne dagegen - zu alt, um sich an den Orten heimisch zu fühlen, die jetzt fest in der Hand der neuen Generation waren, und zu jung, um sich unter die Alten, Geschiedenen und Verzweifelten zu mischen, Hanne hatte keine Orte mehr, an denen sie sich aufhalten konnte, keine Orte mehr, die ihr gehörten und an denen sie wie selbstverständlich ihren Platz hatte. Sie vermisste die Partys und das Nachtleben von früher. In den letzten Jahren hatte sie schon an den äußersten Rändern ihres Bekanntenkreises suchen müssen, um Leute zu finden, die noch Single waren.

Ab und an wollten ihre verheirateten oder fest liierten, schwangeren oder stillenden Freundinnen etwas aus dem Leben hören, das sie selbst hinter sich gelassen hatten, vielleicht um sich ein bisschen zu gruseln und die Erleichterung auszukosten, dass sie sich nicht mehr in dieser Phase befanden, auch wenn sie Hanne gegenüber behaupteten, sie würden sie um ihre Freiheit und das ganze amüsante Auf und Ab beneiden. Daher traf Hanne ungefähr einmal im Vierteljahr ihre alten Freundinnen, immer unter der Woche, nach der Arbeit, in einem Bistro, wo die Schwangeren oder Stillenden dann auf Alkohol verzichteten und sich stattdessen an Hanne berauschten. Die Freundinnen fragten, Hanne erzählte und trank. Früher hatte sie getrunken, um sich selbst zu ertragen. Jetzt trank sie, um ihre Freundinnen zu ertragen, wie sie da um den Bistrotisch saßen, am Eherin