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Der dunkle Bote

Ein Fall für August Emmerich - Kriminalroman | Alex Beer

E-Book (EPUB)
2019 Limes Verlag
400 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-641-23784-4

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Grausam zugerichtete Leichen, ein Mörder, der alte Verbrechen sühnt und ein Kommissar, für den es um alles geht ...
Wien im November 1920: Ein unerwarteter Kälteeinbruch hat die Ernten vernichtet, jeder dritte Mann ist arbeitslos, und das organisierte Verbrechen hat Hochkonjunktur. Doch der Mordfall, der jetzt die Stadt erschüttert, übertrifft alles bislang Dagewesene: Ein Toter wird bizarr zugerichtet und von einer Eisschicht bedeckt aufgefunden. Kurz darauf taucht ein Bekennerschreiben auf. Kriminalinspektor August Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter ermitteln - und das ist nicht das einzige Rätsel, das sie zu lösen haben, denn noch haben sie Xaver Koch nicht aufgespürt, den Mann, der Emmerichs Lebensgefährtin entführt hat und der sich als gefährlicher Gegner entpuppt ...

Alex Beer, geboren in Bregenz, hat Archäologie studiert und lebt in Wien. Ihre spannende Krimi-Reihe um den Ermittler August Emmerich erhielt zahlreiche Shortlist-Nominierungen (u.a. für den Friedrich Glauser Preis, Viktor Crime Award, Crime Cologne Award) und wurde mit dem Leo-Perutz-Preis für Kriminalliteratur 2017 und 2019 sowie dem Krimi-Publikumspreis des Deutschen Buchhandels MIMI 2020 prämiert. Auch der Österreichische Krimipreis wurde der Autorin 2019 verliehen. Neben dem Wiener Kriminalinspektor hat Alex Beer mit Felix Blom eine weitere faszinierende Figur erschaffen, die im Berlin des ausgehenden 19. Jahrhundert ermittelt und für den sie mit dem silbernen Homer 2023 ausgezeichnet wurde.

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

3

Sie holperten in einer Kutsche über die Simmeringer Hauptstraße, die traurigste Straße Wiens. Sie entlangzufahren hieß, durch ein Memento mori zu reisen. Wohin man auch sah, fiel das Auge auf Dinge, die an das Unausweichliche erinnerten: Bestattungsinstitute, Steinmetze, Sargmacher ... Betriebe, die genau wie er selbst und Winter so schnell nicht arbeitslos werden würden.

Schweigend starrten sie aus den Fenstern. Die Gebäude, die sie passierten, waren in der Nähe des Zentralfriedhofs noch klein gewesen und hatten weit auseinandergestanden, nun wurden sie immer höher und rückten näher aneinander, bis sie zu massiven Bauten anwuchsen, zwischen denen enge, mittelalterlich anmutende Gassen verliefen.

Emmerich scherte sich nicht um die Welt draußen, lieber dachte er an Luise, während Winter, der noch nicht lange mit Kapitalverbrechen zu tun hatte, sich wahrscheinlich schon gegen das wappnete, was gleich auf sie zukommen würde.

Erst als der Kutscher mit einem lauten »Da wär'n ma!« seine Pferde zum Stehen brachte, wurden sie aus ihren Gedanken gerissen. Emmerich richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Hier und Jetzt.

Trotz des unwirtlichen Wetters hatte sich bereits eine große Menschenmenge vor dem schmalen Haus eingefunden. Auch der Leichenwagen der Gerichtsmedizin war schon da. Nüchtern und geschäftsmäßig stand er zwischen den Gaffern, ein schwarzer Ruhepol inmitten einer Horde aufgeregter Männer und Frauen.

»Elendes Gesindel, neugieriges.« Emmerich riss die Tür auf und stieg aus.

»Was für ein Aufstand«, wunderte Winter sich. »Langsam sollten die Leute doch an den Tod gewöhnt sein.«

»Nichts lässt die eigenen Sorgen besser vergessen als das Unglück anderer.« Der Kutscher fasste sich an den Zylinder, schnalzte mit der Zunge und trabte davon.

»Oder aber es ist, wie ich schon gesagt habe«, murmelte Winter laut genug, dass Emmerich es hören konnte. »Ziemlich schlimm, das Ganze. Schlimmer als sonst.«

»Wir werden's ja gleich sehen.« Emmerich zeigte dem Uniformierten, der den Eingang sicherte, seine Legitimation. »Leib und Leben«, sagte er knapp und betrachtete den Burschen.

Der war blass um die Nase, der Geruch von Erbrochenem umwehte ihn. »Sie werden schon erwartet.«

Emmerich drehte sich noch einmal um und ließ seinen Blick über die Schaulustigen wandern. Irgendetwas hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. Irgendjemand. Doch je stärker er versuchte, das vage Gefühl auf den Punkt zu bringen, desto mehr entglitt es ihm. »Es wird einfacher mit der Zeit«, sagte er zu dem Wachmann, zündete sich eine Zigarette an und betrat das Haus.

»Wird es nicht«, flüsterte Winter und folgte seinem Vorgesetzten.

Der Eingangsbereich war menschenleer, gedämpftes Gemurmel drang aus allen Richtungen.

»Da sieh mal einer an.« Ein gedrungener Mann, der die kakaobraune Dienstkleidung des Sicherheitswachekorps trug, war am oberen Absatz einer Treppe erschienen und eilte nun zu ihnen herunter. Rüdiger Hörl. »Emmerich und Winter. Wie läuft's bei 'Leib und Leben'?«

»Das Gehalt ist mies, und die Kollegen nerven. Alles wie früher.« Emmerich grinste und schüttelte Hörl die Hand. In ihrer Zeit als Polizeiagenten hatten Winter und er mit dem Ordnungshüter zusammengearbeitet. »Was ist hier los?«

»Ihr seid hier, was wird's wohl sein?«

Emmerich rollte mit den Augen. »Details«, forderte er.

Hörl zeigte auf die Zigarette, die in Emmerichs Mundwinkel hing, woraufhin dieser ihm eine Schachtel voller Selbstgedrehter reichte. Er roch daran. »Machorka-Tabak? Nicht Ihr Ernst!« Mit gerümpfter Nase nahm er einen der filterlosen Stumpen. »Die Bezahlung bei 'Leib und Leben' muss wirklich lausig sein.«

»Details«, wiederholte Emmerich.

»Gegen acht ging ein Anruf bei uns ein. Eine alte Frau stünde auf der Straße und schreie Zeter und Mordio.« Hörl zündete die Zigarette an und hustete. »Als würde man glühende Eisenspäne einatmen.«