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Psychogeografie

Wie die Umgebung unser Verhalten und unsere Entscheidungen beeinflusst | Colin Ellard

E-Book (EPUB)
2017 Btb Verlag; Bellevue Literary Press
352 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-641-16420-1

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Warum sind im Café die Tische am Rand schneller besetzt als in der Mitte? Weshalb werden Krankenhauspatienten schneller gesund, wenn sie ins Grüne blicken? Wieso schüchtern uns Kirchen ein? Colin Ellard nimmt uns mit auf eine spannende Entdeckungsreise in die Welt der Psychogeografie und erläutert, wie die Umgebung unser Verhalten tagtäglich beeinflusst - egal ob Zuhause, am Arbeitsplatz, auf dem Weg durch die Stadt oder draußen im Freien. Als einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Experimentalpsychologie gibt er Einblick in die Mechanismen, die dabei wirksam sind, und zeigt auf, was wir im Alltag daraus lernen können.

Colin Ellard ist Neurowissenschaftler und Experimentalpsychologe und gilt als »einer der besten Wissenschaftsautoren« (Los Angeles Times). Er forscht an der angesehenen kanadischen University of Waterloo und leitet dort das Urban Realities Laboratory - eine interdisziplinäre Einrichtung, die kognitive Neurowissenschaften und Stadtplanung miteinander verbindet. Ellard lebt in Kitchener, Ontario.

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Vorwort

Vor etwa fünfzig Jahren - ich war noch keine sechs und hatte noch keinen Gedanken daran verschwendet, was ich mit meinem Leben einmal anfangen wollte - besuchte ich mit meinem Vater Stonehenge. Das war, lange bevor es dort Verhaltensregeln oder Kontrollen gab, geschweige denn einen Zaun. An einem Frühlingsmorgen wanderten wir zwischen den riesigen Steinblöcken auf der leeren Hochebene von Salisbury umher, strichen mit den Händen über die glatten Steine und sprachen eher wenig. Es bedurfte keiner Worte. Es reichte, dort zu sein. Ich war so klein, dass ich natürlich nicht begriff, was für ein gewaltiger Zeitabstand zwischen uns und den Schöpfern dieser Anlage lag. Mein Kopf war auch noch nicht vollgestopft mit all dem Wissen aus Schule und Studium und den komplexen Gedanken und Überlegungen, die es mir nun als Erwachsenem schwer machen, vor einem solchen Monument einfach nur die Gefühle zuzulassen, die es hervorruft.

Klar war mir, dass ich vor etwas Uraltem und Wichtigem stand und dass, ganz einerlei, wer diese gigantischen Steine in Form geschlagen und aufgestellt hatte - es ernst gemeint hatte. Allein die unglaubliche Arbeit, die das Ganze gekostet haben musste, sprach Bände. Aber welche Geheimnisse Stonehenge barg, ahnte ich nicht, und obwohl meine Neugierde bei diesem ersten Besuch geweckt wurde, fragte ich mich nicht nach seinem Sinn und Zweck. Ich war mit meinen Empfindungen beschäftigt. Ich fühlte mich nämlich noch kleiner als ein sechsjähriger Knirps ohnehin, der sich an der Hand seines Vaters an einem solch befremdlichen Ort befindet. Ich atmete schneller und verspürte eine gewisse Beklemmung, weil mir vielleicht doch schwante, dass Menschen dieses gigantische Werk errichtet hatten, weil sie nach etwas Erhabenem trachteten, an dem ich aber nicht teilhaben sollte. Und während ich um die Säulen herumging, an ihnen emporschaute und sie betastete, überlief mich ein angenehmes Gruseln, weil wir, mein Vater und ich, vielleicht gar nicht hier sein durften und die Riesen, die diesen Ort gestaltet hatten, womöglich bald zurückkommen würden.

Mein Vater, der im Baugewerbe tätig war, erlebte diesen Tag vermutlich ganz anders als ich. Was er beruflich machte, wusste ich damals gar nicht genau, erst als Teenager bekam ich immerhin so viel mit, dass ich verstand, er konnte kaum ein Bauwerk anschauen, ohne im Kopf gleich eine Bestandsaufnahme von Größe und Form der benutzten Materialien zu machen und zu überschlagen, ob die Konstruktion stabil genug war, um den Elementen und dem täglichen Gebrauch durch die Menschen zu trotzen. Mein Vater war Kostenplanungsingenieur, und er musste im Entwurf des Architekten Maße, Kosten und Nutzen beurteilen und im Verlauf der Arbeit dafür sorgen, dass der fertige Bau der Vorstellung des Architekten entsprach und zudem innerhalb des veranschlagten Budgets oder sogar darunter blieb. Ich glaube schon, dass er auch gefühlsmäßig und spontan auf ein Gebäude reagieren konnte, aber das geschah sicher stets getrennt von seiner rationalen Betrachtungsweise, die in Fragen der Konstruktion, der technischen Umsetzung und der Wirtschaftlichkeit begründet war.

Heutzutage finde ich mich in einer Situation wieder, die der meines Vaters damals in Stonehenge wahrscheinlich gar nicht unähnlich ist. Ich bin ein Architektur- und Design-Fan. Ich bin fasziniert von den vielfältigen Wirkungen, die die Bauart eines Gebäudes oder die Anlage einer Straße auf meine Gefühle und Gedanken ausüben können, und um diese Wirkungen gewissermaßen hautnah zu erleben, habe ich Reisen durch die ganze Welt unternommen. Von Beruf bin ich Experimentalpsychologe und untersuche, wie uns Gebäude beeinflussen. Um eine Innenansicht der menschlichen Reaktionen auf die jeweilige Umgebung zu bekommen, greife ich auf ein breit gefächertes wissenschaftliches Instrumentarium zurück. Ich finde heraus, ob Bewohner eines Gebäudes aufmerksam sind (und auf was sie ihre Aufmerksamkeit richten) und ob und wann s