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Geständnisse

Roman | Kanae Minato

E-Book (EPUB)
2017 C. Bertelsmann Verlag; Futabasha Publishers, Tokyo 2008
272 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-641-18321-9

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Die Polizei hält es für einen tragischen Unfall, dass Yuko Moriguchis 4-jährige Tochter im Schulschwimmbecken ertrank. Doch Yuko, Lehrerin an der Schule, weiß, dass zwei ihrer Schüler für Manamis Tod verantwortlich sind, und sie will die Mörder nicht ungeschoren davonkommen lassen. Am Tag vor den Ferien eröffnet sie ihrer Klasse, dass sie ihnen noch eine letzte Lektion erteilen will ... Doch der perfide ausgeheckte Racheplan entgleitet ihrer Kontrolle - und sie setzt ein tödliches Drama in Gang, aus dem niemand unbeschadet entkommen wird.

Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller 'Geständnisse', der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet.

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

Der Heilige

Wenn ihr eure Milch ausgetrunken habt, gebt den Karton bitte zurück in den Kasten. Achtet darauf, dass ihr ihn in das mit eurer Nummer gekennzeichnete Fach stellt, und geht dann wieder an euren Platz. Wie es aussieht, seid ihr schon fast alle fertig. Und da heute der letzte Schultag ist, sind wir jetzt am Ende der »Milchzeit« angelangt. Ich danke euch allen für eure Teilnahme. Wie ich höre, fragen sich manche von euch, ob das Programm nächstes Jahr fortgesetzt wird, aber meines Wissens ist das nicht vorgesehen. Wir sind dieses Jahr als repräsentative Mittelschule für die Kampagne des Gesundheitsministeriums zur Förderung von Milchprodukten ausgewählt worden. Wir wurden angewiesen, jeden von euch täglich eine bestimmte Menge Milch trinken zu lassen, und nun sind wir alle gespannt auf die Schuluntersuchung im April, bei der sich herausstellen wird, ob euer Wachstum und eure Knochendichte über dem landesweiten Durchschnitt liegen.

Ja, vermutlich könnte man sagen, dass wir euch als Versuchskaninchen benutzt haben, und sicher war dieses Jahr nicht sehr angenehm für diejenigen unter euch, die keine Laktose vertragen oder einfach keine Milch mögen. Aber die Schule wurde nach dem Zufallsprinzip für das Programm ausgewählt, und jede Klasse wurde täglich mit den Milchkartons beliefert, in einem Kasten mit nummerierten Fächern, um jeden Schüler anhand seiner Platznummer zu identifizieren. So konnten wir genau verfolgen, wer die Milch getrunken hat und wer nicht. Aber warum macht ihr jetzt alle so ein finsteres Gesicht, wo ihr eben noch ganz zufrieden eure Milch getrunken habt? Was kann verkehrt daran sein, wenn man gebeten wird, jeden Tag ein bisschen Milch zu trinken? Ihr steht an der Schwelle zur Pubertät. Eure Körper werden wachsen und sich verändern, und ihr wisst, dass Milchtrinken gut für den Knochenaufbau ist. Aber wie viele von euch trinken zu Hause Milch? Und das Kalzium stärkt nicht nur die Knochen, ihr braucht es auch für die Entwicklung eures Nervensystems. Kalziummangel kann euch nervös und zappelig machen.

Es sind nicht nur eure Körper, die sich entwickeln. Ich weiß, was ihr so anstellt. Mir wird vieles zugetragen. Sie zum Beispiel, Herr Watanabe, Sie kommen aus einer Familie, die ein Elektronikgeschäft besitzt, und ich weiß, dass Sie ausgetüftelt haben, wie man einen Großteil der Verpixelung in Filmen für Erwachsene auflösen kann. Sie haben die Filme an andere Jungen weitergeleitet. Tja, ihr werdet allmählich erwachsen. Eure Interessen wandeln sich zugleich mit euren Körpern. Ich weiß, das war jetzt nicht gerade das beste Beispiel, aber ich meine damit, ihr kommt langsam in die »rebellische Phase«, wie wir das nennen. In dieser Phase sind Jungen und Mädchen oft sehr empfindlich, fühlen sich wegen jeder Kleinigkeit gekränkt und sind leicht durch andere beeinflussbar. Ihr werdet anfangen, allem und jedem nachzueifern, während ihr herauszufinden sucht, wer ihr seid. Und ehrlicherweise müsst ihr wohl zugeben, dass viele von euch diese Veränderungen schon an sich selbst bemerken. Gerade habt ihr ein gutes Beispiel dafür gesehen: Bis vor Kurzem haben die meisten von euch die Gratismilch als willkommene Dreingabe angesehen. Aber seit ich euch gesagt habe, dass es ein Experiment war, denkt ihr plötzlich anders darüber, nicht wahr?

Allerdings ist das nicht weiter verwunderlich - es entspricht der menschlichen Natur, seine Meinung zu ändern, und nicht nur in der Pubertät. Tatsächlich bestätigen mir die anderen Lehrer übereinstimmend, dass eure Klasse jetzt ruhiger und umgänglicher ist als die restlichen aus eurer Altersgruppe. Vielleicht haben wir das ja der Milch zu verdanken.

Aber ich habe euch heute noch etwas Wichtigeres mitzuteilen. Ich wollte euch ankündigen, dass ich die Schule zum Monatsende verlassen werde. Nicht, um an eine andere Schule zu wechseln, nein, ich ziehe mich aus dem Lehrerberuf zurück. Ihr seid also die letzten Schüler, die ich je unterrich