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Der letzte Sommer in der Stadt

Roman | Gianfranco Calligarich

E-Book (EPUB)
2022 Paul Zsolnay Verlag
Auflage: 1. Auflage
208 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-552-07296-1

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Die Wiederentdeckung aus Italien: eine melancholische Liebesgeschichte im Rom der siebziger Jahre im Stil von Fellinis 'La Dolce Vita'
Rom, Anfang der siebziger Jahre: Der junge Leo Gazzarra kommt aus Mailand in die Ewige Stadt, die ihm alles zu bieten scheint. Ein befreundetes Paar überlässt ihm seine Wohnung und verkauft ihm einen alten Alfa Romeo, ein anderer Freund verschafft ihm einen Job beim 'Corriere dello Sport'. Mühelos fast findet er Anschluss, frequentiert die angesagten Bars und begegnet eines Abends der so exzentrischen wie umwerfenden Arianna, die sein Leben umkrempelt.
Gianfranco Calligarich hat mit 'Der letzte Sommer in der Stadt' einen Roman voller Wunder geschrieben, einen Roman, der auf jeder Seite Fellinis 'La Dolce Vita' und Paolo Sorrentinos 'La Grande Bellezza' heraufbeschwört und durch seine schwindelerregende Unrast fasziniert.

Gianfranco Calligarich, geboren 1947 in Asmara, Eritrea, stammt aus einer Triestiner Familie. Er wuchs in Mailand auf, bevor er nach Rom zog, wo er als Journalist und Drehbuchautor arbeitet. 1994 gründete er das Teatro XX Secolo. Die Originalausgabe von Der letzte Sommer in der Stadt erschien 1973. Der Roman wurde in über zwanzig Sprachen übersetzt und ist 2022 bei Zsolnay auf Deutsch, in der Übersetzung von Karin Krieger, erschienen.

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

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Übrigens läuft das immer so. Da tut einer alles, um sich rauszuhalten, und dann findet er sich eines schönen Tages, ohne zu wissen, wie, in einer Geschichte wieder, die ihn schnurstracks ans Ende bringt.

Was mich betrifft, hätte ich gern darauf verzichtet, ins Rennen zu gehen. Ich hatte alle möglichen Leute kennengelernt, Leute, die es weit gebracht hatten, und Leute, die es noch nicht mal geschafft hatten, überhaupt loszugehen, doch alle hatten früher oder später das gleiche, unzufriedene Gesicht, woraus ich geschlossen hatte, dass man dem Leben besser bloß zusah, allerdings hatte ich nicht mit dieser verdammten Ebbe im Portemonnaie an einem Regentag letztes Jahr zum Frühlingsanfang gerechnet. Alles andere kam, wie so was eben kommt, von allein. Damit das gleich klar ist, ich bin auf niemanden sauer, ich hatte meine Karten, und ich habe sie gespielt. So viel dazu.

Die Bucht hier ist übrigens grandios. Sie wird von einer Sarazenenfestung auf einer felsigen Landspitze beherrscht, die sich etwa hundert Meter ins Meer hineinzieht. Wenn ich zur Küste sehe, kann ich zwischen dem Grün der niedrigen Mittelmeervegetation die gleißende Umrandung des Strandes erkennen. Weiter hinten durchlöchert eine zu dieser Jahreszeit verlassene, dreispurige Schnellstraße mit ihren Tunneln eine in der Sonne schimmernde, felsige Bergkette. Der Himmel ist blau, das Meer sauber.

Ich hätte es nicht besser treffen können, was das angeht.

Ich habe das Meer immer geliebt. In meiner Neigung, über Strände zu wachen, der ich schon als Junge folgte, steckte wohl noch etwas von dem Impuls, der meinen Großvater dazu getrieben hatte, seine Jugend auf den Handelsschiffen des Mittelmeers zu verbringen, bevor er in Mailand strandete, dieser düsteren Stadt, und ein Haus mit Kindern vollstopfte. Ich habe diesen Großvater gekannt. Er war ein alter Slawe mit grauen Augen, der im Kreis zahlreicher Urenkel starb. Das Letzte, was er herausbrachte, war die Bitte um etwas Meerwasser, daher trug mein Vater als sein ältester Sohn einer meiner Schwestern auf, sich um sein Philateliegeschäft zu kümmern, und fuhr mit dem Auto los nach Genua. Ich fuhr mit. Ich war vierzehn, und ich weiß noch, dass wir die ganze Fahrt über kein Wort sprachen. Mein Vater redete nie viel, und da ich ihm schon Ärger mit der Schule machte, lag mir viel daran, den Mund zu halten. Es war die kürzeste meiner Reisen ans Meer, gerade lang genug, um eine Flasche zu füllen, und es war auch die sinnloseste, denn als wir zurückkamen, war mein Großvater so gut wie bewusstlos. Mein Vater wusch ihm das Gesicht mit dem Wasser aus der Flasche, doch ohne dass mein Großvater sich besonders darüber zu freuen schien.

Einige Jahre später war die Nähe zum Meer einer der Gründe, weshalb es mich nach Rom zog. Nach meinem Wehrdienst stand ich vor der Frage, was ich aus meinem Leben machen sollte, aber je mehr ich mich umsah, desto weniger konnte ich mich entscheiden. Meine Freunde hatten sehr konkrete Vorstellungen - einen Abschluss machen, heiraten und Geld scheffeln -, aber diese Aussicht fand ich schrecklich. Es waren die Jahre, in denen Geld in Mailand noch mehr zählte als sonst, die Jahre der Sorte von landesweiten Tricksereien, die auch als Wirtschaftswunder bekannt ist, und zufällig profitierte auch ich irgendwie davon. Das war, als eine medizinisch-literarische Zeitschrift, für die ich ab und zu einen fundierten, schlecht bezahlten Artikel schrieb, sich in der Lage sah, ein Büro in Rom zu eröffnen, und mich als Korrespondenten einstellte.

Während meine Mutter mit jedem nur möglichen Argument versuchte, mein Weggehen zu verhindern, sagte mein Vater nichts. Er hatte meinen Versuchen, mich in die Gesellschaft einzugliedern, stillschweigend zugesehen und sie mit den Erfolgen meiner älteren Schwestern verglichen, die in jungen Jahren Angestellte geheiratet hatten, tüchtige Kerle übrigen