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Orlando. Eine Biografie. RomanOverlay E-Book Reader

Orlando. Eine Biografie. Roman

»›Orlando‹ ist der heiterste, unbeschwerteste und eben deshalb lesenswerteste Roman Virginia Woolfs.« Denis Scheck | Virginia Woolf

E-Book (EPUB)
2022 Anaconda Verlag
288 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-641-29236-2

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Ewige Jugend und Schönheit gibt es nur im Roman und in wohl keinem so viel wie in diesem: Über drei Jahrhunderte lebt Orlando in diversen Rollen und an den verschiedensten Orten. Der junge Adlige am Hof Königin Elisabeths I. wird Diplomat in Konstantinopel. Dann wandelt sich Orlando zur Frau, lebt bei einer Zigeunertruppe, bis sie nach England zurückkehrt und schließlich im 20. Jahrhundert als Schriftstellerin berühmt wird. Eine verrückte Idee? Ein faszinierendes Buch! Virginia Woolfs »Orlando« (1928) bricht energisch auf in die literarische Moderne und feiert die Liebe und das Leben.

Virginia Woolf wurde am 25. Januar 1882 in London geboren und wuchs im großbürgerlichen Milieu des viktorianischen Englands auf. Ihr Leben war geprägt von wiederkehrenden psychischen Krisen. 1912 heiratete sie Leonard Woolf. Zusammen gründeten sie 1917 den Verlag 'The Hogarth Press'. Ihr Haus war eines der Zentren der Künstler und Literaten der Bloomsbury Group. Am 28. März 1941 nahm Virginia Woolf sich, erneut bedroht von einer Verdunkelung ihres Gemüts, das Leben.


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Kapitel I

Er - denn es konnte kein Zweifel an seinem Geschlecht bestehen, obwohl die damalige Mode einiges dazu beitrug, es zu verbergen - war gerade dabei, auf den Kopf eines Mohren einzuhacken, der von den Dachbalken baumelte. Dieser hatte die Farbe eines alten Fußballs und mehr oder weniger die Form eines solchen, abgesehen von den eingefallenen Wangen und ein, zwei Strähnen drahtigen, trockenen Haars, ähnlich den Haaren einer Kokosnuss. Orlandos Vater, vielleicht auch sein Großvater, hatte ihn von den Schultern eines riesenhaften Heiden geschlagen, der sich unter dem Mond in den barbarischen Weiten Afrikas erhoben hatte; und nun baumelte er, sanft und immerfort, in den ewig zugigen Dachgemächern des weitläufigen Hauses des Lords, der ihn niedergestreckt hatte.

Orlandos Väter waren über Asphodillfelder geritten, über steinige Felder und Felder, die von fremden Flüssen bewässert wurden, und sie hatten viele Köpfe vieler Farben von vielen Schultern geschlagen und mitgebracht, um sie an die Dachbalken zu hängen. Das würde Orlando auch tun, gelobte er. Aber da er erst sechzehn war und zu jung, um mit ihnen durch Afrika und Frankreich zu reiten, stahl er sich häufig von seiner Mutter und den Pfauen im Garten fort und ging in sein Dachgemach, und dort hieb und stieß und zerhackte er die Luft mit seiner Klinge. Manchmal durchtrennte er die Schnur, sodass der Schädel auf den Boden polterte und er ihn wieder anbinden musste, wobei er ihn mit einer gewissen Ritterlichkeit immer so befestigte, dass er ihn kaum erreichen konnte und sein Feind ihn durch verschrumpelte, schwarze Lippen triumphierend angrinste. Der Schädel baumelte hin und her, denn das Haus, dessen Dach Orlando bewohnte, war so riesig, dass der Wind selbst darin gefangen schien, der mal hierhin wehte, mal dorthin wehte, Winter wie Sommer. Der grüne Arazzo mit den Jägern war immer in Bewegung. Orlandos Väter waren von jeher adlig gewesen. Sie waren mit Kronen auf den Häuptern aus den nordischen Nebeln gekommen. Kamen die Streifen Dunkelheit im Raum und die gelben Pfützen, die den Boden sprenkelten, denn nicht von der Sonne, die durch das bunte Glas eines riesigen Wappens im Fenster fiel? Orlando stand nun mitten im gelben Leib eines heraldischen Leoparden. Als er die Hand aufs Fensterbrett legte, um das Fenster aufzustoßen, färbte sie sich augenblicklich rot, blau und gelb wie ein Schmetterlingsflügel. Wer eine Vorliebe für Symbole hat und sie gern ausdeutet, könnte so beobachten, dass zwar die wohlgeformten Beine, der hübsche Körper und die sehnigen Schultern allesamt mit verschiedenen Tönungen heraldischen Lichts verziert waren, Orlandos Gesicht aber, als er das Fenster aufstieß, einzig von der Sonne selbst erleuchtet wurde. Ein aufrichtigeres, trotzigeres Gesicht wäre unmöglich zu finden. Glücklich die Mutter, die solch einem Menschen das Leben schenkt, glücklicher noch der Biograf, der es festhält! Niemals muss sie sich beunruhigen, noch er die Hilfe eines Romanciers oder Dichters anrufen. Von Tat zu Tat, von Ruhm zu Ruhm, von Amt zu Amt muss er gehen, sein Schreiber ihm folgend, bis sie den Posten, der das höchste Ziel ihrer Wünsche ist, erreichen, welcher auch immer das sein mag. Orlando war dem Aussehen nach exakt für eine solche Karriere geschaffen. Das Rot der Wangen war von Pfirsichflaum bedeckt; der Flaum auf den Lippen war kaum dichter als der Flaum auf den Wangen. Die Lippen selbst waren kurz und leicht geöffnet über Zähnen von köstlichem, mandelfarbenem Weiß. Nichts störte die pfeilförmige Nase in ihrem kurzen und straffen Flug; das Haar war dunkel, die Ohren klein und eng am Kopf angelegt. Aber ach, dass diese Auflistungen jugendlicher Schönheit nicht enden können, ohne Stirn und Augen zu erwähnen. Ach, dass Menschen selten ohne diese drei geboren werden; denn sobald wir Orlando am Fenster stehend betrachten, müssen wir zugeben, dass er Augen hatte wie durchtränkte Veilchen, so groß, als seien sie