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Forum für osteuropäische Ideen- und ZeitgeschichteOverlay E-Book Reader

Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte

Jahrgang 18,2 | Leonid Luks; Gunter Dehnert; John Fuchs; Nikolaus Lobkowicz; Alexei Rybakow; Andreas Umland

E-Book (EPUB)
2015 Ibidem
Auflage: 1 Auflage
220 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-8382-6802-6

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Simon Frank als philosophischer Vermittler zwischen Ost und West



[...] Was die Welt betrifft – oder, genauer gesagt, den Einfluss der Weltereignisse auf

das Schicksal alter Leute, wie ich, – so bin ich sehr pessimistisch. Ich glaube, die Hoelle

auf Erden wird noch jahrelang dauern, und ich persoenlich habe viel Chancen, von

Hunger (vor dem wir hier dicht stehen), Kaelte oder Mangel an den mir notwendigen

Arzneien zu Grunde zu gehen. Ich nehme diese Aussicht stoisch auf – trotz allem, [habe]

ich ein glueckliches sowohl persoenliches, als schoepferisch-geistiges Leben gehabt, und

wenn es damit zu Ende kommt, muss man vom Gefuehle der Dankbarkeit fuer das

Gute geleitet sein. Kommt es anders, so wuerde ich es als eine neue göttliche Gnade

betrachten.

20.X.45

[…] Ich begann wieder endlich eifrig und mit grosser Begeisterung zu arbeiten

– naemlich an einer ziemlich radikalen Umarbeitung meines vor fast 6 Jahren

geschriebenen Buches „Licht in der Finsternis“ […]. Die Hauptgedanken des Buches,

derer Sie sich vielleicht noch erinnern – die innerhalb de[s] empirischen Weltlaufs

unausrottbare Macht des Boesen und der Uebel, Kritik jeglichen U[t]opismus und

Begruendung eines religioes fundierten Realismus, einer heroisch-ueberweltlichen und

eben deshalb nuechtern realistischen Gesinnung – sind meiner Ansicht nach voellig

bestaetigt worden durch die Ereignisse dieser schrecklichen Jahre. Aber ein Buch

geschrieben ueber [ein] solches Thema in 1939-40 klingt 1945, als ob es im 18-ten

Jahrhundert geschrieben war – unendlich viel zu schwach und gemuetlich. Jetzt muss

man fuer dieselben Ideen ganz andere Worte und Argumente finden.

29. November 1945

[…] Gerade aus der Verwurzelung im Ueberweltlichen folgt eine kuehle Sachlichkeit bei

Beurteilung aller menschlich-irdischen Plaene und Moeglichkeiten und eine prinzipielle

Stellung[]nahme gegen die Daemonie des Utopismus in allen ihren Formen.



(Aus den Briefen Simon L. Franks an Ludwig Binswanger)