Rezensionen

Es wird Zeit
 

Doris Dim-Knoglinger


Es wird Zeit

Was soll jetzt noch kommen? Judith ist fast fünfzig, die Kinder sind erwachsen, ihr Mann steckt ebenfalls in einer Alterskrise. Die Aussichten auf Beantwortung der Frage sind also recht gering. Dann stirbt Judiths Mutter. Die kehrt nach zwanzig Jahren in die Heimat zurück, wo sie ein gut gehütetes Geheimnis, ein leeres Grab und jede Menge an Hoffnungen, Träumen und Albträumen zurückgelassen hat. Und plötzlich gerät alles außer Fugen.
Eine Geschichte über Freundschaft und Schuld, über das Älterwerden und Jungbleiben ...

Lesemama


Es traf mich mitten ins Herz

Zum Buch:
Kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag stellt sich Judith die Frage, was soll jetzt noch kommen?
Die Kinder sind Groß, sie brauchen sie nicht mehr, ihre Ehe dümpelt dahin, die weiß nicht wirklcih was mit sich anzufangen. Dann stirbt ihre Mutter und Judith reist zurück in ihre alte Heimat und dort beginnt die Bewältigung ihrer Vergangenheit, denn es ist lange nicht alles so wie es scheint ...

Meine Meinung:
Ich habe sehr lange gebraucht um das Buch zu lesen, denn es erreichte mich in einer sehr schweren, schwierigen Zeit. Dennoch, oder vielleicht auch gerade deshalb, berührte mich das Buch sehr, es traf mich mitten ins Herz.
Kannte ich die Autorin bisher nur von "Mondscheintarif" welches ich vor Jahren las, sprach mich das Cover und auch die Kurzbeschreibung sehr an. Als ich dann das Buch auch noch von Verlag zur Verfügung gestellt bekam, war die Zeit da es zu lesen.
Der Schreibstil ist nicht einfach, das Buch hatte durchaus Längen, aber es konnte mich trotzdem sofort total berühren. Ich konnte mich direkt in Judith hineinversetzen, ich fühlte so mit ihr.
Es flossen auch ein paar Tränen, was ich aber eher auf meine private Situation zurückführen möchte. Dennoch ein total berührendes und trotzdem unterhaltendes Buch.

Petra Sch.


Emotionale Achterbahnfahrt

4,5 Sterne


Kurz zum Inhalt:
Das Leben der fast 50jährigen Judith Rogge ist zum Stillstand gekommen. Die Kinder sind außer Haus, der Ehemann lebt neben ihr her und sie stellt sich die Frage: Was soll jetzt noch kommen?
Doch dann stirbt ihre Mutter und sie reist nach 20 Jahren zum ersten Mal wieder in ihre alte Heimat...
Dort läuft ihr ihre ehemals beste Freundin Anne über den Weg, mit der sie aus - für sie geglaubten - guten Gründen seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr hatte.
Doch es stellt sich heraus, dass Anne an Bauchspeicheldrüsenkrebs leidet, und sofort ist die alte Freundschaft wieder da. Auch zu Erdal und Karsten, mit denen sie damals zu viert in einer WG gelebt hat.
Judith begleitet Anne bei ihren Arztbesuchen, steht ihr bei, und lästert mit ihr über den Tod ab, wie es nur beste Freundinnen dürfen. Auch Judiths Jugendliebe lodert kurzzeitig wieder auf.
Doch dann stellt sich heraus, dass das große Geheimnis - Judiths Lebenslüge - doch die Wahrheit ist. Aber irgendwie auch nicht so ganz. Von nun an wird nichts mehr so sein, wie es mal war...


Meine Meinung:
Ildikó von Kürthy hat mit "Es wird Zeit" einen Roman geschaffen, der nicht nur für Frauen in den mittleren Jahren geschaffen ist. Mit großer Emotionalität und viel Humor hat sie einen Roman kreiert, der zum Lachen, Weinen und Nachdenken anregt: Jede Frau kommt mal an die Stelle, an der sie sich fragt: war es das? Habe ich mir so mein Leben vorgestellt?
Der Roman ist in ich-Form aus Sicht von Judith geschrieben, so bekommt man noch tiefere Eindrücke in ihre Gedanken und Gefühle.
Auch wenn Judiths Leben anfangs sehr deprimierend erscheint, und man ihr Verhalten und ihre Handlungen oftmals nicht nachvollziehen kann, macht sie doch durch das Begleiten ihrer Freundin Anne durch diese schwere Krankheit, das Wiederfinden von alten Freundschaften und vor allem das Aufdecken der Lebenslüge, die gar keine ist, eine große Wandlung durch: Judith weiß am Ende, was sie will. Sie ist stark geworden, selbstbewusst, und lernt das Leben zu lieben. Auch wenn das Schicksal Überraschungen zu bieten hat, mit denen man so nicht gerechnet hat...

Dadurch, dass die Autorin viel Witz in die Geschichte gepackt hat, ist sie nicht nur traurig. Sentimentale und humorvolle Momente wechseln sich ab, und es ist eine Geschichte aus dem Leben gegriffen. Das schöne ist die positive Botschaft am Ende.
Auch wenn ich noch ein bisschen Zeit habe, bis ich 50 werde, hat mich die Geschichte gepackt und gerührt und ich habe mit Judith mitgelitten, mitgetrauert und mich am Ende mit ihr gefreut.

Die Geschichte wird durch färbige Illustrationen, die zur jeweiligen Szene passen, aufgelockert, was mir sehr gut gefallen hat und ich in dieser Form von einem Erwachsenenroman noch nicht kannte.

Die Erzählung ist gespickt mit vielen wunderschönen authentischen Zitaten, direkt aus dem Leben gegriffen:
"Welche Note würde ich meinem Leben geben? Eine Drei mit der Tendenz zur Drei minus. Für eine Matheklausur mag das vor fünfunddreißig Jahren ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis gewesen sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass ich wegen Mathe zweimal fast sitzengeblieben wäre. Aber für ein ganzes Leben?"
"Es ist und bleibt jammerschade, dass man manchmal nur dann den erwünschten Eindruck macht, wenn man sein wahres Selbst komplett verleugnet. Eine Erfahrung, die Frauen in Führungsetagen, männerdominierten Konferenzen und gemischtgeschlechtlichen Liebesbeziehungen immer wieder machen."
"Wir wissen doch beide ganz genau, was wir an unseren Männern haben. Kein Herzrasen, aber einen soliden niedrigen Ruhepuls. Damit können wir alle zusammen neunzig werden."
"Jetzt ist blöderweise keiner mehr übrig. Das Haus ist leer. Mein Leben auch. Und ich stehe da, mit einem Herzen zu verschenken, dass keiner mehr braucht und keiner mehr haben will."
"Tumor ist, wenn man trotzdem lacht", hatte Anne gesagt.
"Ich hatte mich daran gewöhnt, dass Annes Gemütslage sich manchmal innerhalb von Sekunden veränderten: Glück, Angst, Lachen, Weinen, Zorn, Spott, schwarzer Humor, dunkelster Kummer. In Annes Seele herrschte Aprilwetter, und ich stand immer bereit, ihr bei Bedarf einen Regenschirm aufzuspannen, um sie so gut wie möglich zu schützen."


Fazit:
Eine emotionale Achterbahnfahrt - eine traurige Geschichte aufgelockert mit viel Humor; die Wahrheit über das Leben, die Liebe, Freundschaft und den Tod. 4,5 Sterne von mir für diese gefühlvolle Lebensgeschichte einer Frau um die Fünfzig.

Ele


Warum bist du nicht endlich mal glücklich

Es wird Zeit, Frauenroman von Ildikó von Kürthy, 320 Seiten, erschienen im Wunderlich-Verlag.
Eine Geschichte von Schuld und Freundschaft, vom Älterwerden und vom Jungbleiben, es geht um die Heimat, die Liebe und den Tod und darum, dass am Ende nichts verlorengehen kann.
Die 50jährige Zahnarztgattin Judith Rogge hat schon fast 30 Jahre mit einer Lüge gelebt. Nun ist sie unterwegs in ihre Heimat, im Gepäck die Urne ihrer verstorbenen Mutter, die in ihrem Heimatort eine letzte Ruhestätte finden soll. Außerdem will sie ihr Elternhaus verkaufen. Plötzlich verändert sich ihr ganzes Leben. Ihre beste Freundin Anne ist todkrank. Ihre Jugendliebe macht ihr ein unmoralisches Angebot, ihre Söhne sind erwachsen und ihr Mann schnarcht. Ist es zu spät, noch einmal neu anzufangen?
Das Buch gliedert sich in übersichtliche Kapitel in der idealen Leselänge, die mit einem zusammenfassenden Titel überschrieben sind. Dazwischen bunte Zeichnungen von Peter Pichler, die mir ausnehmend gut gefallen haben. Die Autorin bedient sich des Erzählstils in der Ich-Form aus Sicht der Protagonistin, somit sind deren Gefühle und Gedanken dem Leser verfügbar, dadurch entsteht die Möglichkeit jederzeit ganz nah dran am Geschehen zu sein. Tagebucheinträge und Briefe sind kursiv dargestellt und sofort erkennbar.
Ich habe schon einige Bücher der Autorin gelesen und mich gut unterhalten, doch dieses Werk hat mich leider enttäuscht. Richtig genervt war ich von der Protagonistin ein übertherapiertes Luxusfrauchen mit zu viel Zeit zum Jammern, bezeichnend für ihre Einstellung sind wohl folgende Sätze auf S.51: „Ich bin verlassen worden. Erst von meinen Kindern und jetzt von meiner Mutter. Nur mein Mann, der bleibt, ausgerechnet. Undankbar, obwohl sie sich nie zwischen Arbeit und Kindern zerreiben musste, in einem schönen Haus und sonstigem Luxus lebend, mit Zugehfrau, ohne materiellen Sorgen und viel Zeit sich selbst zu bedauern. Dabei hat ist ihr Mann immer gut zu ihr gewesen. Obwohl ihre Freundin Anne um ihr Leben kämpfen muss, sind ihr die eigenen kindischen Sorgen und Nöte am wichtigsten. Dazu passend ihr bester Freund Erdal, die gleiche „Dramaqueen“, nur in männlich. Die Szene bei der Fernsehpreisverleihung die sie zusammen mit Erdal besuchte und für beide in der Notaufnahme endete fand ich hanebüchenen Klamauk. Meine Lieblingsfigur war Anne, eine starke Frau trotz ihrer Krankheit. Gestört hat mich auch, dass die Szenen oft abrupt wechselten, dass ich nicht mehr wusste wo sich die Geschichte aktuell abspielt. Mir war auch ein Rätsel warum Ehemann und Söhne von Judith nicht bei der Beerdigung der Oma dabei waren. Nicht immer waren der Plot und die Handlungen der Charaktere für mich nachvollziehbar. Die Handschrift der Autorin konnte ich zwischendurch jedoch immer wieder erkennen, z.B. in Lebensweisheiten die von Kürty mit auf den Weg gibt, manchmal musste ich schmunzeln und auch laut lachen, am Ende aber auch weinen. Der Epilog ist der Autorin gut gelungen. Was die Ängste der Protagonistin, z. B. um ihre Kinder betrifft konnte ich sogar meine eigenen Gefühle darin wiederfinden. Das Zitat auf S. 38: „ Wer keine Angst hat, der hat bloß zu wenig Phantasie“, habe ich mir notiert. Ergibt von mir gutgemeinte 3 Sterne.

Marie aus E.


Beste Freundinnen...für mehr als die Hälfte des Lebens

Das schöne an den Ildiko-Büchern ist, dass sie mit einem erwachsen wurden.
Vor 20 Jahren (oh weh, ist das tatsächlich schon so lange her?) habe ich in "Mondscheintarif" mit gewartet, dass ER endlich anruft.

Inzwischen haben sich die Problemlagen deutlich geändert, so auch in dem neuen Buch.
Die Mutter verstorben, so dass eine Reise in das Elternhaus ansteht. Und damit ein Zurückkehren zu all den Erinnerungen, die man erfolgreich verdrängt hatte.
Judith trifft ihre ehemals beste Freundin wieder, die todkrank ist, ihre Jugendliebe, die auf einmal wieder Interesse an ihr hat.
Und dann ist da auch noch ihre Ehe, die das Funkeln und Herzflattern schon lange verloren hat bzw. noch nie so wie in Hollywood-Filmen geboten hat.

Während Anne (die kranke Freundin) tapfer versucht, das Leben zu genießen, hadert Judith. Mit allem, statt einfach glücklich zu sein. Manchmal möchte man sie einfach schütteln und ihr die Meinung sagen, zum Glück hat sie Freunde, die das übernehmen.

Ein Buch zum Lachen und Weinen, berührend und doch auch mit den "früheren" leichten Ildiko-Elementen.
Das Leben in den 50ern, wenn die Kinder aus dem Haus sind, der Körper nicht mehr jugendlich ist, die Eltern und auch schon Freunde krank werden und sterben und einem die eigene Endlichkeit immer mehr bewusst wird und Instagram-Bilder die scheinbar perfekte Welt als Widerspruch zum eigenen Leben widerspiegeln.

Gute Unterhaltung mit nachdenklichen, ernsten und witzigen Elementen.
Mit Ildiko gehe ich dann gerne auch mit 70 ins betreute Wohnen.

gaby2707


Kann es wirklich nicht mehr so weitergehen?

Judith Rogge ist fast fünfzig Jahre alt und steht an einem Scheideweg:
Ihre Ehe mit einem Mann, den sie eigentlich nicht wollte, scheint am Ende; ihre drei erwachsenen Kinder brauchen sie nicht mehr; sie ist mit sich selbst total unzufrieden. Und dann stirbt auch noch ihre Mutter. Nun ist sie die Nächste. Kann das alles gewesen sein?
Die Fahrt zur Beerdigung ihrer Mutter führt sie aus Hamburg-Wedel nach Jülich im Rheinland, wo sie auch ihre frühere beste Freundin Anne, deren Leben gerade durch eine Krankheit auf der Kippe steht, und ihre große Liebe Heiko wiedersieht. Hier nimmt sie sich eine Auszeit und überdenkt ihr bisheriges und ihr vielleicht zukünftiges Leben.


Ich bin zwar schon etwas älter als Judith, habe mich aber beim Lesen immer wieder an die Zeit erinnert, als ich mit mir selbst immer wieder gehadert habe. Ich denke, diese Phase macht jede Frau mehr oder weniger mal durch. Schon daher hat mir dieses Buch sehr gut gefallen. Die eingestreuten Songtexte aus Judiths Jugendzeit haben mich auch immer wieder an mich selbst in dieser Zeit erinnert.

Da die Geschichte von Judith selbst erzählt wird, kann ich ihr Handeln und ihre Gedanken noch besser verstehen. Bin viel näher an ihr dran. Sie ist mir mit ihrer lieben, herzlichen und hilfsbereiten Art sofort sympathisch. Aber auch die anderen Menschen, in deren Umfeld ich mich hier bewege, werden sehr realitätsnah, menschlich und gut vorstellbar beschrieben.

Es geht um verschiedene menschliche Schicksale, um Fragen, die in einem bestimmten Alter fast von alleine kommen, von einer Krise, die bewältigt werden will. Obwohl es um viele ernste Themen geht, driftet die Geschichte zu keinem Zeitpunkt ins deprimierende ab. Die kleinen humorvollen Spitzen, die immer wieder eingestreut werden, aber auch die lebensbejahende Art von Judith lässt für ein Schmunzeln immer wieder Raum.

Bisher habe ich noch kein Buch der Autorin gelesen. Was sich aber nun nach „Es wird Zeit“ ändern wird. Mir hat der eingängige, leicht zu lesende und zu verstehende und sehr realitätsnah geschriebene Roman sehr gut gefallen. Eine so warmherzige Geschichte mit viel Humor, mit traurigen Momenten, jeder Menge Emotionen und viel Gefühl, der mich nachdenklich gemacht hat. Der aber auch zeigt, wie viel das Leben zu bieten hat. Man muss es nur annehmen.

Wunderschöne Zeichnungen von Peter Pichler runden den Roman ab.

Ich habe es nicht bedauert, einen kleinen Teil ihres Lebens mit Judith gemeinsam gegangen zu sein. Nein, ich habe es richtig genossen.

yellowdog


Witz und Selbstironie

Ildiko von Kürthy ist eine bekannte Autorin von Frauenromanen. Ihr neuer Roman Es wird Zeit hat aber auch ein ernstes Thema: die schwere Krebserkrankung einer Freundin.
Das wurde in der Leseprobe stark rausgestellt. Es gibt aber noch mehr Themen im Roman, z.B. der Tod der Mutter von Judith.Das wirft bei ihr eine Sinnfrage auf, aber auch der Zustand ihres Lebens mit ihrem Mann.

Ansonsten bleibt der bewährte (Chick-Lit)-Stil mit Witz und Selbstironie über eigene Unzulänglichkeiten und Unsicherheiten zu schreiben. Das empfand ich am Anfang als ziemlich amüsant, auf Dauer wirkt es aber auch ermüdend und das Buch ist vielleicht etwas zu lang. Die andauernde Selbstbetrachtung mündet irgendwie doch in ein Jammern einer Frau in einer Midlife-Krise. Zudem wird noch leicht konstruiert ein Vorfall aus der Vergangenheit aufgebauscht.
Es bleiben aber natürlich noch genügend gute Passagen. Insbesondere überzeugt es, wie die Protagonistin und ein weiterer Freund die an Krebs erkrankte Anne durch ihre Freundschaft unterstützen.
Der Roman ist insgesamt in Ordnung! Es bleibt aber ein Frauenroman, der aber für Fans dieses Genres ein Highlight sein dürfte.

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Zeit für Neuanfänge

Judith ist fast 50 und blickt nicht gerade zufrieden auf ihr bisheriges Leben. Sie hat nicht den Mann heiraten können, den sie eigentlich wollte, ist auch auf anderen jugendlichen Schwärmereien sitzengeblieben. Nun ist die Mutter gestorben, die ihr sehr nahegestanden hat. Auf dem Friedhof taucht ihre seit langem entschwundene Freundin auf und erzählt von ihrer Krebserkrankung und der Chemo. Das solide Fundament von Judiths Ehe und die drei Söhne geben ihr zwar Halt, doch nun sind die Jungs aus dem Haus, und sie fühlt sich unausgefüllt. Zudem erweist sie sich als anfällig für Seitensprünge.
Es ist sicher nicht leicht, einen Roman in die Gänge zu kriegen, wenn die ersten 80 Seiten hauptsächlich aus wehmütigen Rückblicken und jammervollen Statements zum Ist-Zustand bestehen. Aber das Erzähltalent der Autorin hält den Leser trotzdem bei der Stange. Denn durch den Buchanfang zieht sich auch der skurrile Transport der Urne mit der Asche ihrer Mutter und das unfreiwillig komische Wiedersehen mit der zurückgekehrten Freundin Anne. Und gegen Ende des ersten Romandrittels nimmt die Story so richtig Fahrt auf.
Keine der Figuren ist schöngefärbt, und es menschelt durchgehend. Deshalb findet sich wohl jeder in der einen oder anderen Person. Wie ein Trostpflaster wirken die witzigen Stellen, und so manche Träne erhält ein Lachen als Beigabe. Gekonnt benutzt die Autorin auch Symbole wie das Grab, in dem niemand liegt, und das für Judiths Hoffnungen an das Leben, ihre Träume und die alte verlorene Liebe stehen könnte. Es geht ebenfalls um das Erwachsenwerden und darum, beim Tod der geliebten Mutter wieder zum Kind zu werden. Starke Themen sind die Freundschaft und das Fundament der Familie.
Anfangs hielt ich die Illustrationen für überflüssig, gar noch die erläuternden Sätze zu den Bildern. Dann aber ging mir auf, wie sinnvoll sie in den Text hineinkomponiert wurden. Scheinbar Nebensächliches, quasi Randbemerkungen werden durch sie ans Licht gehoben. Erst auf den zweiten Blick ist mir aufgegangen, wie ungewöhnlich diese Tuschzeichnungen, unterlegt mit zarten Aquarellen, doch sind. Ansprechend ist die blaue Schriftfarbe bei den Seitenzahlen und den Kapitelüberschriften. Wobei ich mich schon gefragt habe, wie sinnvoll ihre Länge ist (manchmal sogar zwei Sätze lang), vergisst man sie doch sofort wieder.
Angenehm glatt liegt der Schutzumschlag in der Hand, und das Lesebändchen in Blau. Mir gefällt das Buch sehr.

Minangel


Es wird Zeit nach 50 Jahren auf das Leben zu blicken: tränenreich lachend, verzeihend zukünftig Heimat suchend

Inhalt: „Was soll jetzt noch kommen?“ Judith ist fast 50, und auf die Frage fällt ihr keine Antwort ein. Die Kinder sind groß, ihr Mann ist in die Jahre gekommen und das Leben auch. Dann stirbt ihre Mutter, und Judith kehrt nach 20 Jahren in die alte Heimat zurück, wo sie ein gut gehütetes Geheimnis, ein leeres Grab und einen Haufen Hoffnungen, Träume, Albträume zurückgelassen hat. Und plötzlich gerät alles aus den Fugen. Eine lebenslange Lüge stellt sich als Wahrheit heraus. Eine wiedergefundene Freundin hofft, den Sommer noch zu erleben. Eine Jugendliebe funkelt vielversprechend, eine Urne macht Umwege und Judith erkennt, dass es besser ist, sich zu früh zu freuen als überhaupt nicht (übernommen).

Meine Meinung: Der neue Roman besticht durch die Zukunftsängste, Vergangenheitsschuldgefühle und routierende Gedankenkarusselle einer 50jährigen Frau, namens Judith. Nach dem Tod ihrer Mutter begegnet Judith ihrer lang vergessenen besten Freundin Anne und gemeinsam stellen sie sich der Vergangenheit und auch der nicht vorhandenen Zukunft. Zur Seite steht ihnen Martina, klar, herrlich, ehrlich, unerschütterlich und Judiths homosexueller divenhafter beim Namen nennender Freund Erdal und dessen Mann Karsten und ihre Söhne. Die Momentaufnahmen, die Reisen in die Vergangenheit, das Entschlüsseln des Rätsels aus deren fundierend, waren genüsslich zu lesen.
Anne und Judith sind sehr lebendig sympathisch herausgearbeitete Persönlichkeiten und einen Erdal hätte ich voll gerne auch als besten Freund, natürlich auch Karsten und Martina.
Ildiko von Kürthy hat einen unnachahmlichen Erzählstil in dessen Wortkarussellen wir fast verloren gehen und ein Gedanke den anderen jagt, bevor er noch fertig überlegt werden konnte. Teilweise waren mir die wiederholenden Gedankenkonstrukte zu viel und ich hätte mir gewünscht: komm doch endlich an den Punkt! Dann wieder haben mich die ehrlich ironisch lustig traurigen lieblichen tragischen Facetten des Lebens mitgerissen und ich konnte mich darin verlieren. Man muss es mögen.

Fazit: eine schonungslos ehrliche, tragisch lustige Lebensreise einer 50jährigen und ihren Freunden mit Wort-Kopfgrübeleien und einigen ungeahnten Wendungen. Für mein Lesevergnügen mit Judith und Anne möchte ich 4 beste Freunde Sterne vergeben, da ich dazwischen einen zu viele Worte Hänger hatte, aber das Ende fulminant mich entschädigt hat.

Elisabeth Engl




Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an die Freundschaft, an die Heimat und an das Leben, wenn es in die Jahre kommt.
Man taucht in Judiths Leben ein und entdeckt sich so manches Mal in ihrer Erzählung und findet sogar Gemeinsamkeiten im seinem eigenen Leben.
Eine ganz klare Leseempfehlung für alle Frauen im besten Alter.

heinoko


Lesen im Schleudergang zwischen Lachen und Weinen


Auf dieses Buch war ich nicht gefasst! Kannte ich doch Ildikó von Kürthy als humorvolle Kolumnistin und Verfasserin heiterer Frauenromane. Und jetzt dieses Buch, das mich umwarf, das mich mitten ins Zentrum traf, das mich schier zerquetschte zwischen Lachen und Weinen, das mich in einen Schleudergang versetzte zwischen Aufbegehren und Einsicht, zwischen Heiterkeit und tiefer Traurigkeit.
Judith, knapp 50, kehrt in ihre Heimat zurück, um ihre Mutter zu begraben. Doch sie kehrt auch zurück zu altbekannten Hoffnungen, Träumen und Albträumen - und zu einem 20 Jahre alten Geheimnis. Eine wiedergefundene Freundin lebt mit einer todbringenden Krankheit und Judiths bisheriges Leben einschließlich ihrer langjährigen Routine-Ehe gerät zunehmend aus den Fugen.
Leben, Tod, Lieben, Heimat, Verzeihen, Altern, Hoffen – keines dieser Themen bleibt ausgespart. „Es wird Zeit handelt davon, dass Hoffnung nie falsch sein und man sich nie zu früh freuen kann. Es geht um die Schuld und die Wahrheit, um das Bindegewebe und die Liebe. Oder um das, was mal das Bindegewebe war. Und die Liebe. Dieses Buch ist ein Versprechen und eine Reise. Eine Reise bis ans Ende der Welt und vielleicht bis darüber hinaus,“ sagt Ildikó von Kürthy selbst über ihr Buch, und auch, dass ihr das Buch am Herzen liegt wie noch keines davor. Zurecht! Die Autorin schafft es auf unvergleichliche Art, geschliffen scharfe Pointen zum Bauchwehlachen zu setzen unmittelbar neben messerscharfe, sezierende, den Atem nehmende Innen- und Außenansichten eines Lebens in seiner Vergänglichkeit. Ja, ja, genau – so möchte man alle paar Seiten ausrufen, fühlt sich ertappt oder verstanden oder beides und bewundert zutiefst, wie die Autorin es schafft, sich genial zweischneidig durch das Innengeflecht des Lebens hindurchzuschreiben, tief traurig und hellauf lachend. Großartig!

begine


Wie das Leben spielt


Ildiko von Kürthy schreibt mit Schwung ihren Roman „Es wird Zeit“

Im Anfang konnte ich Judiths Augenproblem mitleiden, das habe ich auch. Dann jammert sie noch so, das ich dachte sie sei mindestens 70, dann erfahre ich, das sie erst 50 wird. Tja das Älterwerden belastet jede Frau.
In dem Buch kann ich so richtig mitschwelgen, die Söhne werden flügge und man fühlt sich allein.
Wenn Judith über die Sorgen ihrer Freundinnen redet und auch die Ihren, bin ich ganz bei ihr. Der Verlauf der Beerdigung ihrer Mutter ist ja seltsam, aber es passt gut in diese Geschichte. Tragisch ist das Schicksal ihrer Freundin Anne.
Der Humor der Autorin zieht durch die ganze Geschichte, aber sie hat auch eine gewisse Ernsthaftigkeit und es gibt auch traurige Stellen.

Die Aneinanderreihung Judiths Probleme ist ein interessanter Schreibstil.
Die Autorin hat sich für diesen Roman eine besonders gute Geschichte einfallen lassen, es ist ziemlich, wie das Leben spielt.
Ich war begeistert. Ich mag diese Art Lektüre.