Rezensionen

Der Trafikant
 

Ana


Der Trafikant

Pubertät trifft auf politischen Wahnsinn!
Wien der 30er Jahre: Franz Huchel, ein junger und naiver 'Burschi' vom Land, wird in die Hauptstadt geschickt, um eine Lehre in der Trafik anzufangen. Schnell verliebt sich Franz in Anezka – die lieber einen Mann an ihrer Seite haben will. Planlos und verloren im Wirbel seiner Gefühle sucht er Rat bei einem seiner Stammkunden: Sigmund Freud. Aber hat nicht ausgerechnet Sigmund Freud noch weniger Ahnung von Frauen wie der junge Neuankömmling? Der laufende Briefwechsel zwischen Franz und seiner Mutter beinhaltet ebenso viele philosophische Ansätze wie die Dialoge mit dem Psychoanalytiker Sigmund Freud selbst.
Nicht nur der Übergang von Demokratie zu Diktatur wird wird mit einer leichten und zugleich packenden Sprache geschildert, auch der Wandel vom jungen Bursch zum Mann wird im Verlauf der Geschichte wunderbar wiedergegeben. Zeitgleich wird die politische Lage in Österreich immer bedrohlicher und wir werden auf eine unglaubliche Weise von Stillgeschwiegenem der Vergangenheit mitgerissen.
Robert Seethaler legt uns in einer leichten Sprache einen Entwicklungsroman vor, der mit Sicherheit noch zum Klassiker der österreichischen Gegenwartsliteratur werden wird, falls er es noch nicht ist!

Mag. Karin Pfeiffer


Ein naiver Landjunge im Wien der Vorkriegszeit


Der junge Franz hat bisher ein unbeschwertes Leben geführt, das ihm seine Mutter durch das Verhältnis mit dem reichen Herrn Preininger ermöglicht hat. Als dieser stirbt, verlässt der 17-jährige sein Heimatdorf im Salzkammergut und nimmt 1937 in Wien die Lehrstelle bei einem kriegsversehrten Trafikanten an.
Einer der Stammkunden ist Sigmund Freud, der es dem jungen Mann angetan hat. Franz versucht, mit dem berühmten Professor ins Gespräch zu kommen.
Doch der damals immer stärker werdende Judenhass bringt Unglück über den Trafikanten und seinen Lehrling.
Die Geschichte des jungen Franz ist subtil eingebettet in ein historisches Gemälde der Vorkriegs- und Kriegszeit Wiens mit seinen Auswüchsen und Grausamkeiten.

Almut Nestelbacher, Buchhandlung HEYN, Klagenfurt


Ein Buch von einem Buch!

Ein Buch von einem Buch! Tolle Atmosphäre, trotz der Dramatik unterhaltsam und die Idee, Sigmund Freud so in ein Buch zu integrieren ist genial!
Kein Wunder, dass Robert Seethaler damit durchgestartet ist!

u.gae


Alltag zu unmenschlichen Zeiten

Die Geschichte führt uns zurück in die 1930er Jahre, also in die Zeit kurz vor bzw. zu Beginn der NS-Herrschaft in Österreich, und gewährt dabei viele interessante, historische Einblicke in den Alltag der Zwischenkriegszeit. Außerdem lässt uns Robert Seethaler das psychologische Urgestein Sigmund Freud privat kennenlernen. Und dennoch legt er das Hauptaugenmerk auf die erste Liebe des 17-jährigen Franz Huchel, der von seiner Mutter nach Wien geschickt wird, um eine Lehre als Trafikant anzutreten.

Es beeindruckt, wie sehr der Protagonist mit sich selbst beschäftigt ist, sodass die politischen Ereignisse anfangs immer wieder in den Hintergrund treten, und wie sehr die Diktatur dann doch sein Leben beeinflusst.
Nicht zuletzt macht die schöne Sprache, die auch noch voll von gewitzten Bildern ist, den Roman zu einem wahren Lesegenuss!


Ulrike Gärtner