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Der Fluch des Gnomen
Fantasy-Roman | Jürgen Müller
E-Book (EPUB)
2019 Bookrix
CCCXCVI Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-7309-5106-4
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet
Fehlt bloß, dass ich auf eine Moorleiche stoße!, kam es ihr in den Sinn, und das Grauen schüttelte sie.
In einem Halbkreis, in steter Nähe des Ufers, stapfte sie dahin. Die übelriechende Brühe schwappte in kreisförmigen Wellen von ihr weg.
Über die Hälfte der Strecke war geschafft. Besorgt schaute sie sich um und atmete auf: Fast hatte sie befürchtet, die Schwarze-Magie-Grube könnte sich auch drehen und sie zum Ausgangspunkt befördern, aber sie kam dem Feenreich tatsächlich Stück für Stück näher.
Drei Meter noch, dann war sie sicher auf der anderen Seite. Zwei Meter. Gleich war sie draußen. Einer. Sie - versank!
Oberschenkel, Hüfte, Brust - alles verschluckte schmatzend der Morast. Alles wie im Niedermoor - nur dass es diesmal kein Halten gab.
Schon bildeten Kinn und Wasserlinie eine Einheit. Aufsteigende übelriechende Gasblasen zerplatzten.
»Ich stecke fest!«, schrie sie. »Ich stecke im Torf fest. Hilfe! Hört mich denn keiner ...?«
Alles, was ihr antwortete, war das letzte Quieken einer Erdmaus in den Fängen einer Sumpfohreule.
Wie deprimierend. In einem an sich unsterblichen Körper zu ersticken, auf dem letzten Meter der siebzig Meilen langen Feen! Vergreisen und Altersschwäche waren Fremdworte für jede Elfe; nur waren sie nicht gegen Unfälle gefeit, ebenso benötigten sie lebensspendende Stoffe wie hin und wieder etwas Nahrung und viel Luft.
Ihr Verstand hatte längst kapituliert. Einzig der animalische Selbsterhaltungstrieb hieß Jorele den Kopf in den Nacken zu legen und durch die Nase atmen.
Gegen die Zähigkeit des Schlamms ankämpfend, rieb sie verzweifelt die Drachenschuppe.
Also wirklich, Mitte, dachte sie, als der Morast die Nasenlöcher erreichte, wenn du jetzt nicht kommst, kannst du mir bis ans Ende meiner Tage gestohlen bleiben!
Als sie panisch den Kopf drehte, bemerkte sie zur Linken und zur Rechten je einen Wasserläufer. Sogar die Wasserläufer zieht es hinab!, hörte sie Mitte sagen. Die Tiefe beträgt stets eine Spanne mehr als die Größe des Versinkenden.
Aber das bedeutete doch, dass zu beiden Seiten ...
Tatsächlich! In Brusthöhe rings um sie herum ertastete sie festen Boden, Sediment. Sie steckte in einer Grube kaum größer als sie selbst.
»Das wars dann wohl mit dem Versinken, dummes Moor!« Vor Freude wie irre lachend, stemmte sie sich auf die Unterarme und zog die Knie an. Noch ein wenig angestrengt, gleich war sie frei.
Da sah sie drei Kerlchen nahen, der Vorderste einen Ast in der Hand, doppelt so lang wie er selbst.
»Willst du, dass ich dir mein Stöckchen reiche?«, fragte er.
»Ja, schnell; reich es mir.«
Im selben Moment, als sie zugriff, ließ er sein Ende los. »Da hast du es!«
Keckerndes Gelächter drang dumpf in ihre mit Schlamm verstopften Ohren. Mit letzter Kraft schob sie sich erneut auf die Unterarme, bekam den Mund frei.
»Kobolde«, rief sie und schleuderte erzürnt den Ast nach ihnen. »Euch werd' ich!«
»Tz-tz-tz: Da will man helfen, und wird beschimpft. Erst will sie das Stöckchen, dann wieder nicht! Was sagst du dazu, Trupuk?«
»Was soll man dazu sagen, Mupuk? Über so viel Undank verschlägt es einem glatt die Sprache. - Wupuk, was machst du da? Hat dir der Strauch etwas getan?«
Mit vorgetäuschter Begriffsstutzigkeit sahen die beiden andern zu, wie Wupuk einen Rosmarieheidestrauch aus dem Boden zerrte und genüsslich die lanzettartigen Blätter abstreifte.
»Ah ja. Ich glaube, mir dämmerts.« Trupuk griff zu und brach sich einen Zweig ab, Mupuk ebenso.
Auf Joreles Finger, die den erschöpften Körper eben ans Ufer ziehen wollten, prasselten kräftige Gertenhiebe herab.
Jorele schrie auf. Abwechselnd zog sie die Hände zurück, griff mal zur Rechten und mal zur linken Seite zu, und immer wieder von Neuem platzten ihre Handrücken