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Mexikoring

Kriminalroman | Simone Buchholz

E-Book (EPUB)
2018 Suhrkamp Verlag
Auflage: 1. Auflage
280 Seiten
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-518-75954-7

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In Hamburg brennen die Autos. Jede Nacht, wahllos angezündet. Aber in dieser einen Nacht am Mexikoring, einem Bürohochhäuserghetto im Norden der Stadt, sitzt noch jemand in seinem Fiat, als der anfängt zu brennen: Nouri Saroukhan, der verlorene Sohn eines Clans aus Bremen. War er es leid, vor seiner Familie davonzulaufen? Hat die ihn in Brand setzen lassen? Und was ist da los, wenn die Gangsterkinder von der Weser neuerdings an der Alster sterben?

Staatsanwältin Chastity Riley taucht tief ein in die Welt der Clan-Familien. Nach und nach erschließen sich ihr die weitverzweigten kriminellen Strukturen, die sich durch ganz Deutschland ziehen. Und sie bekommt Einblick in Nouri Saroukhans Geschichte. Es ist die Geschichte eines Ausbruchs zu einem hohen Preis. Und es ist die Geschichte einer Liebe: von Nouri und Aliza, die nicht zusammenkommen durften und in ein anderes Leben türmten, das aber kein besseres war. Weiß Aliza, was mit Nouri am Mexikoring passiert ist?



Simone Buchholz, geboren 1972 in Hanau, zog 1996 nach St. Pauli, wegen des Wetters. Sie wurde auf der Henri-Nannen-Schule zur Journalistin ausgebildet und schreibt seit 2008 Kriminalromane. Für ihre Chastity-Riley-Reihe wurde sie mit dem Radio-Bremen-Krimipreis, dem Crime Cologne Award, dem Deutschen Krimipreis und dem Stuttgarter Krimipreis ausgezeichnet.



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IN HAMBURG STERBEN

Ein funktionierendes Café war in dieser Einöde aus Bürohochhäusern um die Zeit noch nicht zu finden, aber ich habe einen 24-Stunden-Kiosk erwischt. Es gibt zwei verschiedene Boulevardblätter, die liegen stapelweise vor der Kasse, und dann liegt da noch eine Alibiausgabe der superseriösen Erwachsenenzeitung. Es gibt ein Süßigkeitenregal und ein Regal mit Kartoffelchips, es gibt einen Kühlschrank mit Bier und Limonadenkram, es gibt Zigaretten ohne Ende, und hinterm Tresen gibt es einen Kaffeevollautomaten mit jeder Menge Knöpfen. Aber es gibt niemanden, der irgendwas davon verkaufen oder bedienen würde.

»Hallo?«

Nochmal: »Hallo?«

Keiner da.

Ich gehe vor die Tür und zünde mir eine Zigarette an. Um mich herum Versicherungskonzerne, was nicht unbedingt dazu führt, dass ich mich sicherer fühle.

Mir wird ein bisschen schlecht. Ich denke wieder mal darüber nach, in Zukunft erst nach Einbruch der Dunkelheit zu rauchen, verwerfe die Idee aber drei Sekunden später, rauche die Zigarette wenigstens zur Hälfte und gehe wieder rein.

»Hallo?«

Immer noch keine Antwort.

Gut. Dann zapft die Frau Staatsanwältin hier wohl noch selbst. Wenn ich das in den letzten beiden Jahrzehnten richtig beobachtet habe, muss man ja nur ein paar Knöpfe drücken. Ich betanke nacheinander vier Pappbecher mit brauner Brühe, ohne dass was schiefgeht. Wenn sich doch alles im Leben so leicht auffüllen lassen würde.

Ich lege 25 Euro auf den Tresen, verlasse den Laden mit zwei Schachteln Zigaretten, einem Feuerzeug und den vollen Bechern auf einem Papptablett und mache mich auf den Weg zurück zu dem verbrannten Auto. Ein Kirschbaum lässt seine letzten Blüten fallen, als ich an ihm vorbeigehe. Nicht mal die Tapete hält. Links und rechts im Augenwinkel Angestelltengefängnisse.

Das Parkhaus, hinter dem der Fiat auf einer in Beton gegossenen Lichtung steht, hat ein Erdgeschoss, das eher eine Unterführung ist, und am Ende dieses halben Tunnels parkt der braune Mercedes von Ivo Stepanovic. Beide, Kommissar und Auto, haben schon bessere Zeiten gesehen. Beim einen hängen die Lider, beim anderen die Scheinwerfer. Aber wenn es drauf ankommt, funktioniert aber alles noch.

Stepanovic und der junge Polizist haben Zigaretten in den Mundwinkeln und die Hände in den Hosentaschen. Der Junge hatte also wohl keine Angst davor, den Alten sofort anzuschnorren. Stepanovic scannt den Tatort, der müde Kollege unterhält sich mit einem zweiten Kripomann, für den wiederum ich eben offenbar noch zu müde war, den hab ich gar nicht bemerkt. Er hält jetzt Nouri Saroukhans Fahrzeugpapiere in der linken Hand. Die andere streckt er mir entgegen, als er mich mit dem Kaffee kommen sieht, nimmt mir aber nur das Tablett ab.

»Das ist ja fantastisch, dass Sie für uns alle Kaffee geholt haben.«

Okay, den finde ich jetzt schon langweilig.

Und ich hab keineswegs für alle Kaffee geholt, denn inzwischen sind auch zwei uniformierte Kollegen da, die alles, was die Feuerwehr schon abgesperrt hat, nochmal absperren und dann jede Menge Fotos machen. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich mich für den fehlenden Kaffee entschuldigen oder wegducken soll. Stepanovic klärt das für mich.

»Das Team kenn ich.« Er ist an mich rangerückt und redet leise. »Der eine trinkt nur Tee. Und der andere kann meinen Kaffee haben.«

»Danke«, sage ich und hab die Nummer von vorhin am Telefon sofort vergessen. Stepanovic ist im letzten halben Jahr zum zuverlässigen Problemlöser geworden, im Großen wie im Kleinen, so jemandem kann man ja sehr viel verzeihen. Ich gehe mit den zwei übrigen Pappbechern zu den Polizisten in Uniform rüber.

»Automatenkaffee?«

»Danke, nett von Ihnen«, sagt der eine, »aber ich hatte die Nacht auf der Wache literweise davon, noch einer, und ich fall um.«

Der andere sagt: »Ich bin Teetrinker.«

Dabei zwinkert er, als wären wi